Wir prägen die Erde mittlerweile so sehr, haben unseren Planeten in seinen Basisstrukturen bereits so tiefgreifend verändert, dass wir uns fragen müssen: Haben wir diese Wucht, den kommenden Wandel, wirklich noch im Griff ? Wir stehen vor einem historischen Wendepunkt in unserem Verhältnis zur Natur, der Beziehung zu unseren Mitbewohnern auf dieser Erde. Darum könnte man dieses Buch auch als Buch über Beziehungsfragen bezeichnen.

 WerWirdÜberleben

ISBN 978-3-7371-0054-0 Rowohlt Verlag 446 Seiten € 24,00

Der Mensch greift zur eigenen Bedürfnisbefriedigung, die häufig auf Unterhaltungsspaß und nicht auf Lebensnotwendigkeit beruht, derart in die Naturabläufe ein, dass er dem Ökosystem und unseren Mitbewohnern massiv Schaden zufügt. Wollen, ja dürfen wir uns so respektlos unseren Mitbewohnern gegenüber verhalten ? (Seite 72)

Zu welchem Ausmaß an Natureingriffen mit nicht absehbaren Folgen sogenannte Menschenhobbys führen, auch das veranschaulicht Lothar Frenz (Seite 41 -60).

Für die Naturabläufe, also wie die Natur funktioniert, kann man ein Gefühl entwickeln schreibt Lothar Frenz in seinem Vorwort. Er will aufmerksam machen auf die Beziehungen von Mensch und Tier zur Natur. Er will wachrütteln und aufzeigen, dass aufgrund der Sinnhaftigkeit aller Beteiligten zum reibungslosen Ablauf des Natursystems es dringend notwendig ist, die Gefühlsentwicklung hierfür voranzutreiben. Eine berechtigte Frage an die Älteren: Wieso wollt ihr den kommenden Generationen eine soviel ärmere Welt hinterlassen?

 

Verhältnisse haben sich gravierend verändert

(Seite 17 – 21)

Nicht Naturlandschaften wie Serengeti besitzen die größte Dichte an Huftieren in der Welt, sondern Landkreise wie im niedersächsischen Vechta. Allerdings müssen diese, meist Schweine und Rinder, ihr Dasein in Ställen fristen. Aus einer Welt der Wildtiere ist eine Welt der Haustiere geworden.

Überleben Dank Performancekunst

(Seite 101 – 115)

Anschaulich beschreibt Lothar Frenz, dass Eingriffe in die Lebensräume der Tiere nicht von Nationalparks oder Zuchtstationen, also von Menschen geschaffene begrenzte Welten, ersetzt werden können. Der Mensch möchte sich den Lebensraum Erde nicht teilen mit all denen, die ebenso eine Berechtigung und vor allem eine Aufgabe im Naturkreislauf haben. Der Mensch möchte vielmehr bestimmen und einteilen wer wo zu leben hat. Das geht nicht konform mit dem Natursystem, dass aus gutem Grund die Lebensräume für die Tiere und Menschen geschaffen hat und schafft. Dementsprechend folgenschwer sind Eingriffe in die Ökologie dieser Erde, die sich in der Folge ganz anders entwickelt, als es der Fall wäre, wenn man nicht eingreifen würde. Ähnlich wie in unserem Körpersystem. Nehmen wir über lange Zeiträume Tabletten oder ernähren uns ungesund, sind auch dieses folgenschwere Eingriffe in unser natürliches Körpersystem.

Corona kam nicht zufällig

Corona ist nicht überraschend zu uns gekommen, sondern lange vorhergesagt wie auch der Klima-wandel. Hinter beidem steckt das gleiche Problem: Wir haben in unserem Handeln die Natur und Ihre Prozesse nicht im Blick.

Die Errungenschaft unserer Zivilisation ist ein evolutionärer Ausnahmezustand. Unser Immunsystem ist darauf angelegt tätig zu sein, um Fremdkörper und Eindringlinge abzuwehren. Unsere über-hygienische Alltagswelt (Büro, Industrielebensmittel, Kontaktlosigkeit zur Natur – meistens ja nur als Guck-Erlebnis – oder im Garten mit Handschuhen) bietet dem Immunsystem wenig bis gar keine Aufgaben. Entzündliche Krankheiten durch Selbstangriff des Immunsystems auf unseren Körper sind die Folge. Auch bei Corona zeigt sich diese Gangart deutlich. Einzige angewandte Lösungsmöglichkeit : Chemie in den Körper, Desinfektion von außen auf den Körper, Kontaktlosigkeit zur Umgebung .

Also wieder ausschließlich gravierende Einflussnahme in das natürliche Immun- und Heilungssystem.

Was können wir tun ?

Arten- und Naturschutz kostet Geld ? Nein, Arten- und Naturschutz kostet Engagement aller. Artenschutz kostet Rücksicht, Veränderung, Anpassung und Miteinander. Das beginnt bei uns allen, genau hinter und vor unserer Haustüre. Es nicht immer den anderen überlassen, sondern selbst dazu beitragen. Wenn das Problem lautet „Wir haben in unserem Handeln die Natur und Ihre Prozesse nicht im Blick“ , dann lautet die Lösung doch „Mehr hinschauen, mehr fühlen und die Natur und deren Abläufe mehr in den Blick zu nehmen“ .

Vom Wert der Natur

(Seite 229 – 297)

Lothar Frenz geht auch in diesem Kapital oft ins Detail und stellt uns an verschiedensten Beispielen die Zusammenhänge dar: die Wale, die Ökologie der Weltmeere oder der Sinn und Nutzen der Raubtiere, die der Mensch nur als Feind betrachtet.

Wie wahr: Nicht jeder erfreut sich an der unglaublichen Vielfalt, nicht jedem ist das Wundern und Staunen darüber gegeben, schreibt der Autor. Ich würde noch ergänzen „oder abhanden gekommen“. Was haben wir als Menschen, was habe ich als Individuum von der Natur ? Diese Frage ist den meisten leichter zu vermitteln. Dabei bringt er es auf den Punkt: Es liegt ein Unterschied darin, wie wir etwas nutzen und in welcher Weise uns etwas von Nutzen ist.

In die Naturabläufe einzugreifen, um Ego-Wünsche oder gar Hobbys zu erfüllen, ist damit ganz sicher nicht gemeint. Die beliebte Trophäenjagd etwa, die vielerorts bedient wird. Vielmehr geht es um die Beziehung zur Natur. Was ich liebe, dass schütze ich. Wenn man nur auf den egoistischen Nutzen schaut, fehlt die Herzensverbindung. Sich bedanken bei der Natur, Tischgebete sprechen, Rituale abhalten. All das ist durch den Materialismus und Kapitalismus abhandengekommen. Wertschätzungen wichen dem Konsum.

Materialismus und Kapitalismus haben in der Entwicklung der Menschen eben auch ihre Spuren deutlich hinterlassen. Viel zu viel dreht sich um Geld, dass in der „Freizeit“ ausgegeben werden will. Sehr oft zu Lasten der Natur. „Man hat einen Anspruch darauf, weil man dafür doch bezahlt hat“. Oder absurder Handel durch „haben wollen“ wie das Horn von Nashörnern, die dadurch völlig sinnlos und viel zu zahlreich ihres Lebens beraubt werden. Ein weiteres Beispiel ist „man braucht etwas Besonderes“ wie Pelze und Krokodilleder und auch hier „Man hat einen Anspruch darauf, weil man dafür doch bezahlt hat“ .

Was können wir tun ?

In erster Linie können und sollten wir unser Denken und Handeln hinterfragen. Hat der Mensch einen Anspruch darauf über das Leben seiner Mitbewohner auf dieser Erde zu bestimmen ? Früher sagte meine Mutter zu uns „Was Du anderen böses tust oder denkst, fällt das auf Dich selbst zurück“ . Soviel Wahrheit in einem kleinen Spruch. Da wundern wir uns über mehr Naturkatastrophen und Krankheiten ? Muss denn wirklich soviel Geld verdient werden ? Ist es denn wirklich der einzige Lebenssinn „Geld verdienen und ausgeben“ ? Jedenfalls sind wir nach dem Natursystem auf unserer Erde dafür nicht geboren. Wir sind geboren, um uns mit allem anderen zu verbinden, uns zu nehmen, was wir für unser Leben brauchen und auch etwas zurückzugeben, wie z.B. denn fruchtbaren Boden zu pflegen und nicht auszubeuten.

Unsere Zukunft - Evolution heute

(Seite 301 – 352)

Umweltveränderungen haben in der Natur ihre Folgen, etwa bei der Entwicklung von Krankheits-Erregern, die es bisher nicht gab. So berichtet Lothar Frenz beispielsweise auch über eine Krebsart, die ansteckend ist. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Genveränderungen hierbei auch eine große Rolle spielen. Ja, vielleicht kann wegen der fehlenden Zeit für Anpassungen an die rasant stattfindenden Umweltverhältnisse tatsächlich nur ein Eingriff über die Gene das Überleben mancher Art auf unserer Erde retten bzw. eine starke Dezimierung verhindern ?

Evolution heute heißt auch, dass wir immer mehr Krankheitserreger heranzüchten, die resistent gegen unsere Medikamente sind. Das geschieht vor allem, weil wir ständig versuchen, Infektionen in den Griff zu bekommen und Antibiotika viel zu häufig einsetzen. Eine große Gefahr besteht darin, dass es immer mehr Erreger gibt und geben wird und Gegenmittel dann wirkungslos werden.

Muss das so sein ? Selektion, Isolation und Mutation gehören zu den Triebfedern erklärt uns Lothar Frenz. Genau das geschieht aber, der Mensch will Lebensräume nach seiner Anschauung verteilen und ist nicht willig, sich den Lebensräumen anzupassen. Gerade dadurch hat sich schon so vieles im natürlichen Erdensystem verändert – mit Folgen, die wir nicht wieder rückgängig machen können. Bereits ausgerottete Spezies und die, die wir in den nächsten Jahrzehnten durch unser Lebensverhalten ausrotten werden, hinterlassen jetzt schon irreparable Umweltveränderungen. Immer auch mit dem Bewusstsein, dass jede Art, jeder Lebensraum so wie er von der Natur geschaffen wurde, seinen Sinn im System hat.

Die Forschungen der Wissenschaft beschäftigen sich aber nicht mit dem Erhalt des Natursystems, sondern mit genetischen Veränderungsprozessen, um ausgerottete Arten – Beispielprojekt Mammut – wieder neu zu erschaffen, im Labor. Die Anwendung von Genmanipulation an Pflanzen und Tieren ist schon längst Alltag geworden. Mit der CRISPR – Methode stehen uns für die Wissenschaft faszinierende, für ein natürliches Leben erschreckende Möglichkeiten ins Haus. Wer steht dahinter? Hightech-Unternehmen, Biotechnologie und die Informationsbranche. Also keine Naturschützer oder Ärzte. Und wieder geht es um viel Geld und Macht.

Die Folgen der radikalen Naturveränderungen bringen uns neue Krankheiten, Pandemien, ja an Corona spüren wir die Veränderungen deutlich und auch die Wirkungslosigkeit von Medikamenten. Lösungsorientierung ist : Um eingeschleppten Krankheiten entgegenzuwirken, dass weder Tierarten noch Menschen in Massen hingerafft werden, kann man den Individuen eine genetische Immunität verpassen. Das geht nur mit neuester Biotechnologie.

Was können wir tun ?

Was für den einen erschreckend klingt, ist für den anderen eine gewollte und gewünschte Veränderung im Umgang mit Krankheiten, ja im Umgang mit Lebewesen. Wir sollten uns immer gründlichst informieren bevor wir eine Entscheidung treffen, da sie unüberschaubare und unwiderrufliche Folgen haben kann.

Gewöhnung spielt den Genforschern in die Hände

Ja, das erste Retortenbaby hat noch Proteste, Empörung verursacht. Heute wird es längst als gängige Methode eingesetzt. Wir haben uns daran gewöhnt. Schon heute werden mit einer besonderen Diagnostikmethode menschliche Embryonen abgetrieben oder aussortiert aufgrund dessen, dass sie eventuell krank zur Welt kommen, aber auch, weil sie das „falsche“ Geschlecht haben. Genmanipulation würde das Erbgut zukünftiger Generationen gezielt verändern. Das wäre wohl der Anfang der Menschenzucht. Oder hat sie bereits begonnen ?
Wollen wir uns daran gewöhnen ?

Haben wir das Ausmaß der Klimakrise schon begriffen ?

(Seite 353 – 372)

Waldbrände, teils mit nie gekanntem Ausmaß, bis nichts mehr da ist zum Verbrennen. Dann ist es vorbei. Überschwemmungen, Anstieg des Meeresspiegels. Das tragische daran ist, dass Bilder von abbrechenden Gletschern in Arktis und Antarktis als spektakuläres Naturschauspiel wahrgenommen werden und nicht als Zeichen einer beginnenden Sintflut. Abtauen des Permafrostbodens: Da taut nicht nur einfach etwas auf, sondern da ist auch vieles seit unendlich langer Zeit eingefroren wie zum Beispiel gut erhaltene Welpen eines Höhlenlöwen oder ein eiszeitliches Fohlen. Für die biosynthetische und Genmanipulations- Forschung bestes Gen- und Klonmaterial. Aber auch gefährliche Erreger längst verschwundener Seuchen liegen im Permafrost. Die Gefahr ist, dass wir mit neuen Vieren konfrontiert werden, über die wir absolut nichts wissen und für die unser Immunsystem keine Abwehrkräfte besitzt. Aber nicht nur das, auch das immer tiefere Eindringen des Menschen in bislang intakte Lebensräume zieht Gefahren und Ungewisses nach sich. Tierarten verschiedenster Lebensräume auf engstem Raum unter unhygienischen Bedingungen zusammenpferchen, ja so ist das Sars-Cov-Virus entstanden. Lebensräume, die bislang bestens ihren Beitrag zu einem bestens funktionierenden Ökosystem geleistet haben, werden zunehmend instabiler. Innerhalb der Spanne eines Menschenlebens haben wir den Planeten an den Rand der Klimakatastrophe gebracht.

Und die Lösung ? Wo es unerträglich heiss wird, immer mehr Klimaanlagen installieren. Das ist sicher zu kurz gedacht, denn die Umgebung erhitzt sich durch eine Vielzahl von Klimaanlagen noch stärker wie etwa in Indien. Der Stromverbrauch ist immens und damit auch der Co2-Ausstoß. Kann es sein, dass wir das grundsätzliche Ausmaß des Problems noch immer nicht begriffen haben ? Ja, ich frage mich, wollen die Allermeisten das Ausmaß überhaupt begreifen ? Weil dann kann die Antwort nur lauten: Wir müssen uns ändern und zwar schnell und die Politik muss sich ändern und zwar schnell.

Unser neues Selbstbild als Art

(Seite 375 – 387)

In den letzten 70 Jahren haben die Menschen mehr Freiheit und Demokratie und Frieden genossen als je zuvor in der Menschheitsgeschichte und deshalb ist es ja auch so schwierig, sich davon zu verabschieden. Und was kommt nach dem Abschied ? Was wird aus uns Menschen ? Klar ist jetzt schon, zu lange haben wir übersehen wie tiefgreifend wir jene Prozesse des Ökosystems Erde, die für unser Überleben notwendig sind, bereits verändert haben. Ein großer Teil unserer Evolution findet im Kopf statt, wir fokussieren uns auf technologische Megaprojekten. Wir tun so, als wären wir kein Teil der Natur und für viele von uns ist Natur irgendetwas da draussen. Wir richten uns lieber in unseren zunehmend technisierten Lebenswelten ein, mit denen wir sie zu beherrschen glauben. Werden wir so den hereinbrechenden Wandel wirklich bestehen ? Wir greifen heute schon in viele Bereiche der Natur ein – bis hin zur menschlichen Fortpflanzung – und glauben, dass wir so unsere Entwicklung steuern können. Wo bleibt der Gedanke m i t der Natur zu arbeiten, ihrer Kraft und Wucht zu Vertrauen ? Ja, frage ich mich, haben wir immer noch nicht begriffen, dass die Zivilisation ein Ausnahmemodell im Ökosystem Erde und bedroht ist sowie auch die Menschen, die in ihr leben, bedroht sind ? Ja, wir brauchen ein neues Selbstbild als Art, eine anders ausgerichtete Identifizierung unseres Daseins.

Was können wir tun ?

Im Kleinen fällt mir da einiges ein. Statt chemisch gereinigtes Wasser aus der Leitung, mal eine Hand voll Schnee oder einen Schluck aus einem Bach oder aus einer Pfütze nehmen. Nein, nicht erschrecken. Genau das war vor 50 Jahren noch Alltag. Genau so etwas – und dann eben nicht ständig und in immer höherer Dosierung Spritzen und Tabletten - braucht unser Immunsystem, um tüchtig zu arbeiten und stark zu werden oder zu bleiben. Mal solange draußen bleiben, bis man w i r k l i c h friert, mal gegen Sturm und starken Wind anmarschieren. Kurz gesagt: Viel Natur spüren, tief einatmen und die wohltuende Verbundenheit fühlen. Wieder Nähe zur Natur und damit zu uns selbst und unseren Mitbewohnern entwickeln. Ja, daran möchte ich mich gewöhnen !!

Schlusswort

Als ich mir das Buch aussuchte, hatte ich eine völlig andere Vorstellung von dem Inhalt. Jetzt, wo ich es gelesen habe, sage ich DANKE Lothar Frenz. Sie öffnen uns allen die Augen für das, was wir durch unser Lebensverhalten angerichtet haben, anrichten und welche zukünftigen Folgen das für uns alle auf dieser Erde haben wird.