Es ist viel schlimmer, als du glaubst

Buchempfehlung

Wallace Wells DDie unbewohnbare Erde 201564

von Curtis Briggs, Mitglied des Vorstandes Wirtschaftsverband Windkraftwerke e.V. Der US Bestseller „Die unbewohnbare Erde – Leben nach der Erwärmung“ von Klimaforscher und New-York-Magazine-Autor David Wallace-Wells, erschien im deutschen Buchhandel am 22.07.2019. Vorab eine Warnung: Dieses Buch versetzt dem Leser einen Tiefschlag, der richtig schmerzt! Beim Lesen des Buches verschlägt es einem den Atem, Alpträume sind möglich.

David Wallace-Wells ist beim Thema Klimaerwärmung ein Experte. Er versteht es brillant, in einer spannenden Sprache, die Fakten um die Klimaerwärmung schonungslos zu präsentieren. Dabei versteht er es besonders, die Interdependenzen, also Abhängigkeiten, zwischen den einzelnen Problemen zu erklären, und die Kaskaden sowie Rückkoppelungen der verschiedenen Themen aufzuzeigen. Die Gefahren für die Zukunft der Menschheit sind schwerwiegend und fast unerträglich, wenn man allmählich die Vielzahl der Gefahren durch die Klimaerwärmung erkennt und versteht.

Vorweg für alle Klimaerwärmungsskeptiker und –leugner: Die Erwärmung der Atmosphäre durch bestimmte Gase wie CO2 oder Methan gilt wissenschaftlich als unumstritten. Diese Erkenntnis ist physikalisch gesehen relativ simpel und leicht beweisbar, vergleichbar mit der Erdanziehungskraft oder dem Luftauftrieb an den Flügeln einer Windkraftanlage. Dies versteht jeder. Einige Leugner behaupten, die Klimaerwärmung könnte auch eine naturgegebene, zyklische Wärmephase sein. Das ist theoretisch denkbar. Aber dann muss die Schlussfolgerung ERST RECHT sein, die Emissionen von Treibhausgasen zu stoppen oder zumindest deutlich zu verringern. Eine andere Lösung kann es nicht geben. Die Klimaerwärmung durch Treibhausgase ist das Weltproblem Nummer 1, sozusagen die Mutter aller Probleme.

Zu Beginn des Buches schreibt Wallace-Wells: „Es ist viel viel schlimmer, als du glaubst!“.


Damit traf er auch bei mir genau ins Schwarze, obwohl ich Themen im Zusammenhang mit der Klimaproblematik seit 30 Jahren aufmerksam verfolge. Im Übrigen hat sich genau in diesen 30 Jahren der CO2-Anteil in unserer Luft verdoppelt.

Im Verlauf des Buches zeigt uns der Autor mit belastbaren und eindeutigen Fakten, welche Probleme durch die Klimaerwärmung entstehen werden und bereits entstanden sind. Hier einige Beispiele:

  • Das Auftauen der Permafrost Gebiete und die damit verbundene Freisetzung von in Jahrmillionen gespeichertem CO2 und Methan – was wiederum selbst zu einer weiteren Erwärmung führt.
  • Das Schmelzen der Gletscher und Polkappen und der damit einhergehende Rückgang der weißen Flächen an den Polkappen führt zu einer weiteren Erwärmung. Dies beschleunigt wiederum ein erneutes Auftauen der Permafrostgebiete.
  • Die gewaltigen Mengen von Schmelzwasser führen zum Anstieg und zur Erwärmung der Ozeane. Das wärmere Wasser im Meer führt wiederum zum Absterben der Riffe und zur Vernichtung von unzähligen Meeresbewohnern. So sind beispielweise vor den Küsten Australiens die Fischpopulationen in den vergangen 10 Jahren um 32 % geschrumpft. Der Anstieg der Ozeane führt zum Verschwinden riesiger Küstenregionen, Inseln und deren Städte. Der für Europa klimatisch lebenswichtige Golfstrom hat sich in den letzten Jahren um 15 % verlangsamt - sein Stillstand würde das Klima in Europa gravierend verändern.
  • Für große Gebiete mit jetzt schon sehr warmen Sommern, könnten dann dauerhaft Temperaturen von 45 bis 50 Grad normal werden. Die Folgen wären unter anderem viele hunderttausend Tote durch die extreme Hitze und die Unbewohnbarkeit dieser Gebiete.
  • In manchen Regionen werden die Erträge der Landwirtschaft durch die Erwärmung deutlich zurückgehen, oder durch resultierende Dürren, gänzlich verschwinden. Die Folgen werden gravierende Hungersnöte mit weiteren Hunderttausenden von Toten sein. Aus diesen Ländern wird mit einer sehr hohen Anzahl von Klima-Flüchtlingen zu rechnen sein.
  • Die andauernden Hitzewellen trocknen die großen Wald- und Buschbestände aus. In Kalifornien ist die „Feuer-Saison“ mittlerweile 2,5 Monate länger, als noch vor 10 Jahren. Trinkwasser wird damit immer knapper. Von den 20 weltgrößten Städten besitzen 2019 allein schon 14 nicht mehr ausreichend Wasser für ihre Bevölkerung. Wasserknappheit betrifft schon heute auf der Erde geschätzte 4 Milliarden Menschen. In Indien könnten in den kommenden 2 Jahren 21 Städte ihre Grundwasserversorgung völlig verlieren.
  • Extreme Wetterereignisse durch Stürme, Tornados, Orkane, Überflutungen und große Dürren werden von Jahr zu Jahr immer größere, vielfältige Schäden anrichten.
  • Fleisch- und Milchkonsum führen zu einem deutlich höheren Methangasanstieg, wobei wissenschaftlich gesehen Methan einen 34-fach höheren Treibhauseffekt erzeugt als CO2. China als bevölkerungsreichstes Land der Welt hat in seinem neuen Wohlstand die Milch entdeckt. Bis zum Jahr 2050 erwartet man einen Anstieg des Milchkonsums um das Dreifache. Alleine dieser Anstieg würde die globale Emission durch Milchwirtschaft um 35 % steigern.
  • Aus den oben genannten klimatischen Folgen, entstehen indirekt große Schwierigkeiten durch Luftverschmutzung, Krankheiten, wirtschaftliche und volkswirtschaftliche Zusammenbrüche – die wiederum zu politischen Unruhen, Kriegen und Verlust der Demokratien führen.

Klimaerwärmung verursacht also eine ganze Reihe von Problemen, die sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Vor wenigen Jahren galt eine Grenze der Erwärmung von 1,5 Grad gegenüber dem Stand von 1990 bis zum Ende des 21. Jahrhunderts als erreichbares Ziel. In 2016 wurde in Paris der Grenzwert neu angepasst und 2 Grad zum Ziel erklärt. Wissenschaftler meinen, dass diese Begrenzung, sollten wir so weitermachen wie bisher, bereits schon in naher Zukunft nicht erreichbar sein wird.

Wieviel heißer kann es denn werden? 2,5 oder 3 oder 4 Grad wärmer? Mittlerweile kommt David Wallace-Wells zu der Erkenntnis, dass 4 Grad wärmer am Ende dieses Jahrhunderts vorstellbar sind.

Die beschriebenen Auswirkungen können in der Qualität und Quantität noch deutlich zunehmen. Die Abkehr von der Verbrennung von Kohlestoffen ist zwingend notwendig! Der bedingungslose Einsatz von erneuerbaren Energien muss in allernächster Zeit konsequent erfolgen. CO2 muss besteuert werden!

Doch die Bundesregierung zeigt nur noch halbherzig Interesse am Gelingen der Energiewende. In der Politik und der Wirtschaft spürt man die Angst vor Veränderungen. Die Abkehr von Kohle, Atomkraft, Benzin und Öl könnte wehtun. Es drängt sich der Vergleich mit Süchtigen auf: Die Angst vor dem Entzug und der Veränderung. Die heutige junge Generation will diese Veränderung und besitzt ein großes politisches Verständnis dafür - siehe „Fridays for future“.

Politiker der großen Parteien, verwalten ihre Energiewendemaßnahmen im Schneckentempo. Die Bundeskanzlerin hat mehrmals im Frühjahr die Windenergie als wichtigsten Zukunftsträger in der Stromversorgung benannt. Sie verschweigt dabei, dass es tausende von Windkraftanlagen in Deutschland gibt, die demnächst aus dem EEG ausscheiden werden. Das heißt, es findet ab Ende 2021 kein Ausbau sondern ein drastischer Abbau der Windenergie in Deutschland statt. Die Windenergie ist die wichtigste Säule der Energiewende. Um diese auszubauen, muss auch der Bestand dauerhaft gesichert werden. Darüber hinaus ist es zwingend notwendig, ausreichende und rechtssichere Flächen für Windenergieanlagen auszuweisen und die Genehmigungs-Prozedur zu vereinfachen und beschleunigen. Bei Konflikten mit dem Artenschutz muss der Windenergie in der Abwägung ausreichendes Gewicht eingeräumt werden, damit die Ausbauziele erreicht werden. Es könnte ebenso sinnvoll sein, eine Basisvergütung für die Dauer des Betriebs einer Anlage einzuführen. Solange CO2 nicht besteuert wird, gibt es keinen angemessenen Börsenpreis für Windstrom. Das bedeutet aber dass Frau Merkels Traum von dem höheren Anteil der Windenergie wie eine Seifenblase platzen wird. Schon bereits in zwei Jahren, werden tausende von Windkraftanlagen wirtschaftlich aufgeben müssen.