RadfahreninStade

Auf dem Papier ist Radfahren in Stade eine große Sache. In der Realität eher ein Kettenriss. Stadtbaurat Lars Kolk und der für Stadtentwicklung zuständige Fachbereichsleiter Nils Jacobs wissen, dass das Radfahren in der Hansestadt deutlich zurückliegt. Etwa zehn bis 15 Jahre hinter radfreundlichen Städten. Das Auto hat immer noch Vorfahrt. Dabei wünschen sich die Verantwortlichen in ihren Stadtkonzepten, die im Frühjahr dem Rat vorgelegt werden, weniger Autofahrer, dafür mehr Radfahrer. Nils Jacobs geht davon aus, dass langfristig 30 Prozent weniger Autos unterwegs sind.

Ein großer Planungskatalog liegt vor. Umgesetzt wird zu wenig. Nach den Sommerferien startet der Bildungscampus in Riensförde. Viele Schülerinnen und Schüler treten dann in die Pedale, um in ihre neue Schule zu fahren. Bevorzugt über die Harsefelder Straße. Die zu schmalen Radwege sollen ausgebaut werden. Baubeginn: in den nächsten Monaten. Der Rat hat den Ausbau beschlossen. Doch eher im Schneckentempo. Erst in fünf Jahren soll die Harsefelder Straße fertig sein. Für die neue Radstrecke wird die Straßenbreite verkleinert, Parkplätze und Abbiegespuren verschwinden, einige Bäume auch. Zusammen mit Fördergelder werden über zwölf Millionen verbaut. Spannend, wie der Tunnel unter der Bundesstraße verbreitert wird.

Der Hohenwedeler Weg führt zu gefährlichen Begegnungen. Radler trifft Fußgänger auf schmalstem Bürgersteig. Andere radeln gleich auf der Straße. Erlaubt ist es. Aber eine Entlastung muss her. Die könnte der Weg über die Schölischer Wiesen sein. In diesem Jahr soll die Strecke zur Entlastung des Hohenwedeler Wegs ausgebaut werden. Breiter, asphaltiert und beleuchtet. Über die Glückstädter Straße geht es rüber zum Marschdamm. Möglichst mit Vorfahrt gegenüber Autos.

Mitte des Jahres gibt es wahrscheinlich einen Versuch, den Hohenwedeler Weg für die Radler auszubauen. Rote Streifen links und rechts auf der Straße engen die Autos ein. Die müssen dann auf die Bremse treten. Tempo 30 kommt. Der Wiepenkathen-Bus fährt zu den Hauptzeiten sechsmal in der Stunde über den Hohenwedeler Weg. Die Stadt sammelt auf diesem Weg Erfahrungen, wie Zweiräder sich mit Vierrädern vertragen.

Viele Projekte werden in die Zukunft verschoben. Die Stadt setzt auf Zuschüsse von Bund und Land. Bezweifelt werden darf, ob auf diese Weise die Räder gegenüber den Autos aufholen. Kreisel soll es eines fernen Tages an den beiden Enden der Hansebrücke geben. Die Brücke ist eher ein Hindernis für Radlerinnen und Radler. In drei Anläufen an den Ampeln kommen die Pedalisten über die Brücke Richtung Harburger und Harsefelder Straße. Zu lang, findet Stadtbaurat Lars Kolk. Kreisel machen die Radler schnell. Eine einfache und schnelle Lösung ist, die Radler an den Ampeln auf Knopfdruck zu bevorzugen. Ohne Autostau geht das nicht. Eigentlich eine Aufforderung, Rad zu fahren. Die Kreiselpläne schieben Radlerwünsche auf die lange Bank.

Wie macht es wumm, dass mehr Leute begeistert aufs Rad steigen? Bisher sind es bevorzugt Schülerinnen und Schüler sowie Freizeitradler. Gute Beispiele müssen mehr Autofahrer auf die zwei Räder locken. Sternförmig sollen die Wege in die Stadt führen. Und dann noch durch die Fußgängerzone. Überlegt wird, eine Radstrecke über den Pferdemarkt Richtung Goos zu führen. Mehr Radstraßen wären auch ein Zeichen für die Verkehrswende. Dazu gehört die Dankersstraße, die fast immer zugeparkt ist. Wohin mit den Autos? Das dürfte interessante Gespräche mit der Wohnstätte geben.

Fazit: Die Stadt hat große Pläne und auch viele Ideen, die Umsetzung fehlt jedoch. Der Kettenriss hat verschiedene Ursachen. Es beginnt mit den Finanzen. Projekte werden häufig zusammen mit Straßenbau umgesetzt, weil dann Fördergelder greifen. So wird beim Ausbau gekleckert wie in der Harsefelder Straße. Um die gesellschaftlichen und städtischen Ziele zu erreichen, muss es schneller gehen, bedarf es eines mutigeren Vorgehens von Rat und Verwaltung. Andere Städte zeigen, dass Radverkehr nur entsteht, wenn der Verkehr neu geordnet wird. Und dieses häufig zu Lasten der Autos, die in den letzten Jahrzehnten zu viel Raum eingenommen haben. Die Beispiele zeigen, dass mit mehr Rädern und Fußgängern Städte weiter gut funktionieren und sich häufig die Bewohner in ihrem Wohngebieten wohler fühlen. Jetzt ist Schnelligkeit gefragt, gepaart mit einfachen und kostengünstigen Lösungen, die die Menschen bewegen, ihre städtischen Wege mit dem Rad zu machen.