Anna-Lena Passior über die Bewegung „Stade im Wandel“

Anna Lena Passior in StadeAls ich Anfang des Jahres nach Stade gezogen bin, war ich etwas schockiert. Es war schwierig für mich neue Leute kennenzulernen (vor allem in meinem Alter) und Orte der Inspiration zu finden.

Während abends die Bürgersteige hochgeklappt wurden, suchte ich aktiv in den Zeitungen und über soziale Medien nach allen möglichen Bewegungen in Stade. Ich fragte Stader*innen, welche lokalen Gruppen, Initiativen und Organisationen sie kennen.

Ich bin keine Person, die abends allein vor ihrem Fernseher sitzen möchte und sich in andere Welten flieht. Ich möchte die Welt, in der ich lebe, aktiv mitgestalten.

Die meisten Gruppen, mit denen ich Kontakt aufnahm, waren dringend auf der Suche nach neuen Menschen und oft senkte ich den Altersdurchschnitt.

Ich glaube ganz fest daran, dass wir Menschen ein Bedürfnis nach Gemeinschaft haben und dass wir die Kraft und Kreativität haben unsere Gesellschaft selbst zu gestalten. Ich glaube auch, dass viele Menschen unzufrieden sind mit so machen Strukturen, mit Ungerechtigkeiten und Vereinsamung. Und ich glaube, dass wir gemeinsam aus unserer Unzufriedenheit heraus und verbunden mit einer vielfältigen, positiven Zukunftsvision einen nachhaltigen und solidarischen Wandel gestalten können. 

Diese zwei Aspekte, die vielen unbekannten, oft nicht vernetzten Initiativen/Gruppen in Stade und mein Menschenbild, regten mich dazu an eine Filmreihe zur Inspiration, Vernetzung und Diskussion zu starten.

Die unterschiedlichen Initiativen waren sehr offen und die Veranstaltungen wurden überraschend gut von ganz unterschiedlichen Menschen angenommen. Bei der Filmreihe entstanden die Plakate „Today“ (Was gibt es schon an alternativen, nachhaltigen Orten in Stade?) und „Tomorrow“ (Was wünsche ich mir für Stade?). Die Veranstaltung eröffnete einen Raum zur Begegnung und zum Träumen.

Aus der ersten Filmreihe entstand eine zweite Veranstaltungsreihe und die „Stade im Wandel“-Bewegung. Menschen kamen auf mich zu und wollten die Träume und Ideen vom „Tomorrow“-Plakat konkretisieren. Mittlerweile gab es drei Treffen und es sind vier Arbeitsgruppen entstanden. Jedes Mal sind neue, unterschiedliche Menschen dabei. Die Motivationen und Gründe mitzumachen sind ganz vielfältig: der Wunsch neue Leute kennenzulernen, das Gefühl die Welt mitgestalten zu können, das Gefühl der Entfremdung oder Machtlosigkeit zu überwinden, der Wunsch einer besseren Welt für die (Enkel-)Kinder, die Umsetzung eigener Ideen, die Neugier auf Neues….

Mich bestärkt die Begegnung mit all diesen Menschen und ihren unterschiedlichen Motivationen und Träumen von einem Stade für morgen. Ich bin immer wieder überrascht, was für eine große kollektive Weisheit (jede*r bringt eigene Kompetenzen, Wissen, Ressourcen mit) und was für eine große Kraft für Veränderungen in der Gemeinschaft stecken. Genau das lässt in mir die Hoffnung aufsteigen, dass unsere Welt, dass Stade schon längst im Wandel ist.

Und dieser Wandel macht Spaß. Er ist verbunden mit Zeit zum Austausch, Nachdenken, Anpacken, aber auch zum Ausruhen und Feiern. Ich wünsche mir, dass immer mehr Menschen den Wandel selbst in die Hand nehmen und als etwas Positives entdecken. So kann sich der Stress, die Wut und auch die Angst im Anblick der globalen Herausforderungen in eine positive Kraft der gemeinschaftlichen Gestaltung von Veränderungen wandeln.